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Gorodez Sgirra – rechts auf dem Coverausschnitt von Karsten Schreurs wunderbar abgebildet – hat seit seinem ersten Auftritt in Der Kreis der Sechs seine Fans gefunden, ebenso wie jene, die ihn wirklich nicht leiden können. Anders würde er es allerdings auch nicht wollen.

Mittlerweile hat er in der Welt des Schwarzen Auges in drei Romanen, zwei Abenteuerbänden und zwei Kurzgeschichten sein Unwesen getrieben. Wenn man es genau nimmt, sogar in jeweils einem weiteren Roman und Abenteuer, auch wenn seine Auftritte dort etwas bescheidener waren. Und immer wieder begegnen mir Fragen zu ihm, aber ein abgebrühter Boltanspieler wie Gorodez lässt sich natürlich nicht in die Karten blicken.

Doch heute will ich zumindest ein paar Antworten geben. Anlass dafür sind sechs Fragen, die mir der User Zakkarus im Forum von Ulisses Spiele gestellt hat.

Die Fragen beziehen sich vor allem auf den Romanzweiteiler Der Kreis der Sechs und Der Nabel der Welten, geben aber zusammen mit den Antworten nicht viel von der Handlung preis. Dennoch, zum besseren Verständnis empfiehlt sich natürlich die Lektüre dieser beiden Romane.

Frage 1: In welcher Region liegt Neuenburg?
Neuenburg liegt im Hinterland des Großen Flusses, in einer Region, deren Zugehörigkeit zu Albernia oder den Nordmarken dann und wann umstritten ist. Und ich vermute, dass es dort ein noch unentdecktes Kohlevorkommen gibt, aber das hat weder mit der Frage noch den Büchern zu tun.

Frage 2: Könnte Emmerans Halle etwas mit Drakonia zu tun haben?
Emmeran ist eher ein erzbodenständiger Charakter und kein Luftikus, der sehr viel herumreist. Angesichts seines üblichen Habitats ist die Antwort auf deine Frage so naheliegend wie eine Eule, die auf Athens Dächern ein Bad im Mondlicht nimmt. Kurzum: Ist es nicht offensichtlich?

Frage 3: Wo liegt Birkenfurt? Und wie schlimm war es?
Zu Killgorns Zeiten war die Frage einfacher zu beantworten: Da lag Birkenfurt im Darpatischen. In den letzten Jahrzehnten ist es eher schwieriger geworden, darauf eine belastbare Antwort zu geben. Einfacher ist es bei der zweiten Frage: Es war sehr schlimm. Nicht ganz so schlimm wie Neuenburg, aber nahe dran. Das Ausmaß des Schreckens könnte ein Grund sein, dass Birkenfurt heutzutage so schwer auf Karten zu finden ist.

Frage 4: Worauf spielt Spitzbergen an?
Jetzt mache ich es mir einfach und antworte: Das ist ganz der Phantasie des Lesers überlassen.

Frage 5: Gorodez Sgirra erwähnt einmal den ›Salon der Schatten‹. War das die Grundidee zum späteren Buch?
Tatsächlich, so war es. Die entsprechende Stelle findet sich auf Seite 120 in Der Nabel der Welten. Beim Schreiben war dieser Dialog zwischen Niam und Gorodez eine spontane Eingebung, ein Blick jenseits der Buchklappen, um zu zeigen, dass die beiden Figuren eine längere Geschichte miteinander haben. Ganz so wie die anderen Ereignisse, auf die sie anspielen – und mit denen sie angeben. (Es wundert mich, dass du gar nicht nach dem Spiegeltanz mit dem Gärtner von Ash’Grabaal oder der Sache mit Balkabireth gefragt hast.)

Als ich später in einem launigen Moment weiter über den Salon der Schatten nachdachte, begann ich mich zu fragen, was es eigentlich bedeutet, wenn Magier wie Niam, Gorodez und Pôlberra tatsächlich öfters miteinander Zeit verbringen. Das führte mich zu den Fragen, wer noch zu diesem erlesenen Kreis gehören könnte und was sie bei allen Höllenknechten eigentlich machen, wenn sie sich treffen. Schließlich stellte ich fest, dass dieser Magierbund ein interessanter Ausgangspunkt für eine eigene Geschichte sein kann – und dies führte über weitere Umwege zu dem Roman Salon der Schatten.

Frage 6: Wird Gorodez Sgirra überleben? Hat er (irdische) Vorbilder?
Reale irdische Vorbilder hat er nicht, zumindest sind sie mir nicht bekannt, und die Frage ist berechtigt, ob ich sie wirklich kennenlernen möchte. Schließlich ist die Bekanntschaft zu Personen wie Gorodez nicht unbedingt förderlich für das eigene Wohl. Aber er hat ein paar literarische irdische Vorbilder, genau genommen drei. Obwohl ich hier lieber von Inspirationen spreche. Alle drei Figuren sind durch Charakterzüge und Motive vereint, die ich spannend finde und die in Gorodez neu abgeschmeckt zusammenfinden.

Allen voran ist Philip Marlowe zu nennen, der Archetyp des abgehalfterten Ermittlers, der jede und jeden kennt und sich von seinem eigenen moralischen Kompass lenken lässt. Dieser ist selten im Einklang mit gesellschaftlichen Standards, und häufig greift Marlowe mit fragwürdigen Methoden, doch mit einem Herz für die Abgehängten. Er ist jemand, der sich selbst nicht schont, sich fast zwanghaft in bedrohliche Situationen begibt und sich häufig genug selbst im Weg steht.

All dies ist auch für Gorodez bezeichnend und führt mich zu der zweiten, offensichtlicheren Inspiration: John Constantine. Ich denke, dazu muss ich nicht mehr ausführen. Wer diese großartige Figur kennt, wird schon vorher den Verdacht gehabt haben, dass Gorodez sich mehr mit ihm als die Vorliebe für Rauchwerk teilt. Wer Constantine nicht kennt, hat etwas nachzuholen. (Aber bitte mit der alten Hellblazer-Reihe, nicht mit den aktuellen Comics.)

Die dritte Inspiration versteckt sich als Anspielung im Namen von Gorodez Sgirra. Ich gebe zu, es ist nicht ganz offensichtlich, und ich werde sie auch an dieser Stelle nicht aufdecken. Aber vielleicht kommt jemand eines Tages darauf.

Und damit beende ich dieses kleine Frage-Antwort-Spiel. Habe ich etwas vergessen? Ach ja, die Frage, ob Gorodez überleben wird. Nun, bekanntlich ist er zäh wie eine Kakerlake, sehr zum Leidwesen aller, die ihn gerne tot sehen würden. Aber ich will nicht vorweggreifen, ob ihn nicht doch bald ein endgültiges Schicksal ereilt. Wo bliebe denn da die Spannung?