Es gibt da eine Tendenz bei Das Schwarze Auge, die mich schon länger beschäftigt und über die ich intern mit Redakteuren und Autorenkollegen wiederholt diskutiert habe. Mit dem Erscheinen der jüngsten Ausgabe des Aventurischen Boten bekommt die Thematik für mich neues Futter und daher möchte ich ganz offen den Fragen nachgehen: Wie sexistisch ist Das Schwarze Auge? Ist vielleicht alles gar nicht so schlimm, da es immer schon so war – oder sollte man es nicht gerade deswegen besser machen? Welches Bild von DSA im Speziellen und dem Hobby Rollenspiel im Allgemeinen wird transportiert? Bedient das Spiel, das ich gerne als mein liebstes Hobby bezeichne, die Klischees von Altherrenfantasien und dem Fantasynerd, der ohnehin nie eine abbekommt?

Die Pin-Up-Dryade, selbstredend einsam und daher schmachtend

Im hauseigenen Forum von Ulisses Spiele ist sie bereits aufgefallen: die Pin-Up-Dryade, passend vor exotischer Palmenkulisse, wie damals bei meinem Onkel die Fototapete im Partykeller. Eine Kombination aus feuchtem Feentraum und schöner Wilden.

Ich bin nun wirklich nicht prüde, aber es werden seit einiger Zeit nur selten die Gelegenheiten ausgelassen, pralle Brüste in enge Mieder zu zwängen, sie herausrutschen oder gleich frei schwingen zu lassen. Auch bei den Männern lässt man gerne mal blank ziehen. Ohnehin kommt der Verdacht auf, dass viele Helden ihre Generierungskosten mit einem Nebenjob als Cola light-Model finanziert haben.

Vorteil: beeindruckende Brüste

Bei den Covern hält es sich glücklicherweise noch in Grenzen. Schleiertanz bedient stimmungsvoll sein Setting, Stätten okkulter Geheimnisse hat andere Probleme, so dass sich Wege des Entdeckers da fast schon als lässliche Ausnahme ausnimmt – wären da nicht die Romane Schwarze Perle und Schwarze Segel, die vor allem mit dem Körperbau ihrer Protagonisten locken wollen.

In den Büchern sieht es schon anders aus. In Stätten okkulter Geheimnisse werden vier Magierinnen illustriert, die vor allem durch mehr oder weniger elegant ins Mieder gequetschte D+-Körbchen auffallen, wozu immerhin noch ein Magister seine kaum bedeckte Brust präsentieren darf. Dazu kommen noch ein nackter Elf und ein lasziv dem Betrachter entgegengereckter Maraskanerhintern.

In An fremden Gestaden werden im Anhang 15 Meisterpersonen ausführlicher beschrieben – und neun von ihnen sind mit Attributen wie “attraktiv”, “athletisch”, “muskulös”, “gut aussehend” oder “hübsch” bedacht. Dazu passt der erste veröffentlichte Entwurf des Grundregelwerks für die 5. Edition: Aventurien, das Land der schönen Menschen.

Alles gar nicht so schlimm?

Es gibt auch nicht wenige Gegenbeispiele, mitunter scheint es mir aber, als würden es zwei Strömungen geben: eine mit mehr, eine mit weniger Titten.

Nun will ich kein prüdes und züchtiges Spiel. Ich bin auch der letzte, der beim Anblick eines Nippels in empörte Ohnmacht fällt oder laut “Nieder mit den Sexisten!” schreit. Erst jüngst habe ich den Kopf geschüttelt über die feministische Forderung, aus Solidarität mit dem unterdrückten Geschlecht bei Punkkonzerten züchtig angekleidet zu bleiben.

Halbnackte Frauen und durchtrainierte Männer mit nacktem Oberkörper, aber auch kampfstarke Amazonen in engen Ledermiedern gehören zum Pulp dazu, an dem sich auch Das Schwarze Auge mitunter orientiert. Das kann man mehr oder weniger augenzwinkernd zitieren, doch dafür nimmt sich Das Schwarze Auge (und teilweise die Spielerschaft ihr Hobby) zu ernst.

Ich wurde schon öfters mal mit diesem irritierten “Aber du hast doch Freunde”-Blick angesehen, wenn ich sage, dass eines meiner Hobbys Fantasy-Rollenspiele sind. Es gibt dieses festgesetzte Bild, dass dies nur flaumbärtige Kellerkinder und Mädchen mit dicken Beinen spielen, die gerne durchtrainierte Helden und grazile Elfen wären. Die zunehmenden Pin-Up-Illustrationen bestärken diese Auffassung.

Aber das alleine ist für mich nicht das Entscheidende. Wir werden permanent in unserer Gesellschaft mit fragwürdigen Rollenbildern und vermeintlich erstrebenswerten Idealen torpediert. Rollenspiele – als ein kommunikatives, gemeinschaftliches Spiel, das es erlaubt, andere Rollen und Rollenmuster auszuprobieren – müssen dies nicht bestärken, sondern können einen Beitrag leisten, dies zu unterlaufen und aufzubrechen.