Das Sexistische Auge?
Es gibt da eine Tendenz bei Das Schwarze Auge, die mich schon länger beschäftigt und über die ich intern mit Redakteuren und Autorenkollegen wiederholt diskutiert habe. Mit dem Erscheinen der jüngsten Ausgabe des Aventurischen Boten bekommt die Thematik für mich neues Futter und daher möchte ich ganz offen den Fragen nachgehen: Wie sexistisch ist Das Schwarze Auge? Ist vielleicht alles gar nicht so schlimm, da es immer schon so war – oder sollte man es nicht gerade deswegen besser machen? Welches Bild von DSA im Speziellen und dem Hobby Rollenspiel im Allgemeinen wird transportiert? Bedient das Spiel, das ich gerne als mein liebstes Hobby bezeichne, die Klischees von Altherrenfantasien und dem Fantasynerd, der ohnehin nie eine abbekommt?
Die Pin-Up-Dryade, selbstredend einsam und daher schmachtend
Im hauseigenen Forum von Ulisses Spiele ist sie bereits aufgefallen: die Pin-Up-Dryade, passend vor exotischer Palmenkulisse, wie damals bei meinem Onkel die Fototapete im Partykeller. Eine Kombination aus feuchtem Feentraum und schöner Wilden.
Ich bin nun wirklich nicht prüde, aber es werden seit einiger Zeit nur selten die Gelegenheiten ausgelassen, pralle Brüste in enge Mieder zu zwängen, sie herausrutschen oder gleich frei schwingen zu lassen. Auch bei den Männern lässt man gerne mal blank ziehen. Ohnehin kommt der Verdacht auf, dass viele Helden ihre Generierungskosten mit einem Nebenjob als Cola light-Model finanziert haben.
Vorteil: beeindruckende Brüste
Bei den Covern hält es sich glücklicherweise noch in Grenzen. Schleiertanz bedient stimmungsvoll sein Setting, Stätten okkulter Geheimnisse hat andere Probleme, so dass sich Wege des Entdeckers da fast schon als lässliche Ausnahme ausnimmt – wären da nicht die Romane Schwarze Perle und Schwarze Segel, die vor allem mit dem Körperbau ihrer Protagonisten locken wollen.
In den Büchern sieht es schon anders aus. In Stätten okkulter Geheimnisse werden vier Magierinnen illustriert, die vor allem durch mehr oder weniger elegant ins Mieder gequetschte D+-Körbchen auffallen, wozu immerhin noch ein Magister seine kaum bedeckte Brust präsentieren darf. Dazu kommen noch ein nackter Elf und ein lasziv dem Betrachter entgegengereckter Maraskanerhintern.
In An fremden Gestaden werden im Anhang 15 Meisterpersonen ausführlicher beschrieben – und neun von ihnen sind mit Attributen wie “attraktiv”, “athletisch”, “muskulös”, “gut aussehend” oder “hübsch” bedacht. Dazu passt der erste veröffentlichte Entwurf des Grundregelwerks für die 5. Edition: Aventurien, das Land der schönen Menschen.
Alles gar nicht so schlimm?
Es gibt auch nicht wenige Gegenbeispiele, mitunter scheint es mir aber, als würden es zwei Strömungen geben: eine mit mehr, eine mit weniger Titten.
Nun will ich kein prüdes und züchtiges Spiel. Ich bin auch der letzte, der beim Anblick eines Nippels in empörte Ohnmacht fällt oder laut “Nieder mit den Sexisten!” schreit. Erst jüngst habe ich den Kopf geschüttelt über die feministische Forderung, aus Solidarität mit dem unterdrückten Geschlecht bei Punkkonzerten züchtig angekleidet zu bleiben.
Halbnackte Frauen und durchtrainierte Männer mit nacktem Oberkörper, aber auch kampfstarke Amazonen in engen Ledermiedern gehören zum Pulp dazu, an dem sich auch Das Schwarze Auge mitunter orientiert. Das kann man mehr oder weniger augenzwinkernd zitieren, doch dafür nimmt sich Das Schwarze Auge (und teilweise die Spielerschaft ihr Hobby) zu ernst.
Ich wurde schon öfters mal mit diesem irritierten “Aber du hast doch Freunde”-Blick angesehen, wenn ich sage, dass eines meiner Hobbys Fantasy-Rollenspiele sind. Es gibt dieses festgesetzte Bild, dass dies nur flaumbärtige Kellerkinder und Mädchen mit dicken Beinen spielen, die gerne durchtrainierte Helden und grazile Elfen wären. Die zunehmenden Pin-Up-Illustrationen bestärken diese Auffassung.
Aber das alleine ist für mich nicht das Entscheidende. Wir werden permanent in unserer Gesellschaft mit fragwürdigen Rollenbildern und vermeintlich erstrebenswerten Idealen torpediert. Rollenspiele – als ein kommunikatives, gemeinschaftliches Spiel, das es erlaubt, andere Rollen und Rollenmuster auszuprobieren – müssen dies nicht bestärken, sondern können einen Beitrag leisten, dies zu unterlaufen und aufzubrechen.
@Jay:
Punkt 1: Damit wollte ich nur mal darauf hinweisen, dass Sexualisierung und Sexismus sich durchaus decken können (und das – zumindest in der echten Welt mMn) auch oft der Fall ist. Ich habe mich v.a. auf einen Trend in reale Medien bezogen und diesbezüglich angemerkt: „Ich fände es irgendwie sehr, sehr schade, wenn sich DSA auf Dauer immer mehr diesem Mainstream anpassen würde.“ Das hätte ich wohl stärker herausstreichen sollen.
zu Punkt 2 lies bitte das, was ich an Alrik adressiert habe. Kurz gefasst: ich denke es ist weitgehend unproblematisch, Dinge spielbar zu machen, die im realen Leben im allgemeinen generell negativ bewertet werden.
Punkt 3: Nein, habe ich nicht. Wie ich oben geschrieben habe, schließe ich (natürlich!) nicht aus, dass es Leute gibt, die schon ihre Gründe dafür haben, gewisse Meinungen zu vertreten. Aber stimmst du mir etwa bei folgender Aussage nicht zu:
Menschen reflektieren über Umstände, die sie als selbstverständlich wahrnehmen, oft nicht. Umstände, die sie als selbstverständlich ansehen, können aber durchaus problematisch sein. Da sie diese Umstände aber als selbstverständlich wahrnehmen, sehen sie die Probleme, die mit ihnen einhergehen, nicht, sofern sie sich nicht aus irgendeinem Grund explizit damit beschäftigen.
Nehmen wir mal folgendes Beispiel – Vorweg: ich will damit natürlich NICHT Legefabriken und sexualisierte Darstellung von Frauen in ihrer (sei sie gegeben oder auch nicht) Verwerflichkeit vergleichen!! Es geht mir rein um die bildliche Darstellung meiner Meinung, nämlich, dass mangelnde Reflektion über einen Themenbereich sehr oft Grund für mangelndes Problembewusstsen ist!
Also: Erzeugung von Eiern in Legefabriken. Wie bekannt ist, ist diese mit Qualen für die betroffenen Tiere verbunden. Allerdings ist die Erzeugung um Einiges billiger als in Bodenhaltung. Nehmen wir nun an, dass die Leute generell gewohnt sind, dass sie Eier im Supermarkt um einen sehr billigen Preis kaufen können. Während sich viele überhaupt nicht fragen werden, wieso die Eier aus den Legefabriken so viel billiger sind als die aus Bodenhaltung oder vielleicht gar nicht wissen, dass der Supermarkt zweitere auch hätte, wird es natürlich auch Leute geben, die kein Problem mit Legefabriken haben. Sowohl Gruppe A als auch Gruppe B werden die Eier aus Legefabrikproduktion kaufen, jedoch aus unterschiedlichen Gründen.
Das meine ich damit.
DSA ist heroische Fantasy. Gut ist weiß , böse schwarz, gut ist schön, böse hässlich, es sei denn es soll verführen und verderben und versteckt seine fiese Fratze.
Heldenrollenspiel ist nichts als reiner Pulp. Das steht entgegen vieler Darstellungen auch aus Romanen, die auch mal die weniger Attraktiven Bewohner der schmutzigen Schichten beschreiben, aber die sind in der Regel auch keine Helden oder strahlende Persönlichkeiten.
Eine charismatische Nichtspielerfigur ist nunmal am einfachsten mit gutaussehend, hübsch, exotisch zu beschreiben, denn „die mit der Warze auf der dicken Wange“ oder „mit den zusammengewachsenen Augenbrauen“ kann man ein, zwei mal als MERKmale einsetzen aber es setzt die Figuren nicht wirklich in den Vordergrund. Attraktivität/Hässlichkeit ist direkt proportional zur Bedeutung einer Figur, denn so bleibt sie auch im Gedächtnis. Mittelwege sind für Nebendarsteller, wer im Erzählspiel keine Alleinstellungsmerkmale besitzt, der Verblasst zu „diesem Typen aus der Bibliothek“.
Daraus ein Politikum zu machen ist in meinem Empfinden mehr als albern.
Sidra, Du hast vollkommen recht, dass es sinnvoll ist, bestehende Verhältnisse kritisch zu hinterfragen und nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Nicht alles was in der Welt passiert, ist gut und richtig, nur weil es so passiert oder sich die meisten Menschen daran nicht stören. Da bin ich im Prinzip einig mit Dir.
Ich möchte Dich jedoch darauf aufmerksam machen, dass bei unserem speziellen Thema Deine Argumente eine gewisse Weltsicht oder man könnte auch sagen Prämisse implizieren, die man nicht ohne weiteres auf andere übertragen kann. Du schreibst mehrfach, dass die Sexualisierung im realen Leben „übermäßig“ bzw. „überbordend“ sei und man dazu ein Problembewusstsein entwickeln sollte, indem man sich damit beschäftigt. Das ist aus Deiner Sicht folgerichtig. Allerdings musst Du bedenken, dass es erstmal nur Deine persönliche Wahrnehmung ist, dass hier überhaupt ein Problem vorliegt bzw. etwas „überbordend“ ist, was daraufhin reflektiert werden sollte.
Wenn jemand anderes die Wahrnehmung hat, dass z.B. die Darstellung von Frauen in Medien im Großen und Ganzen in Ordnung ist, dann heisst das nicht zwangsläufig, dass derjenige keine Ahnung hat, nicht nachgedacht hat oder kein Problembewusstsein entwickelt hat, sondern kann einfach auch bedeuten, dass am Anfang dieser Kette die persönliche Wahrnehmung und Bewertung steht: Es ist in Ordnung, so wie es ist.
Ich denke, man sollte in diesen Fragen vorsichtig sein, davon auszugehen, dass man selber die Wahrheit erkannt hat oder objektiv richtig liegt, während Menschen mit anderen Ansichten aus verschiedenen Gründen in der gedanklichen Durchdringung bzw. persönlichen Reife noch nicht so weit gekommen sind oder evtl. noch davon überzeugt werden müssen. Viele Fragen sind abhängig von der subjektiven Wahrnehmung und man kann mit dem gleichen Recht und der gleichen moralischen Wertigkeit(!) zu unterschiedlichen Ansichten kommen.
Als ein kleines Beispiel möchte ich meinen hochgeschätzten Großvater anführen, der zu seinen Lebzeiten äußerst empört war über die schlimmen Exzesse und den Verfall jeglicher Kultur in der Musik… damit meinte er u.a. Elvis Presley und die Beatles sowie die ungeheuerlichen Auswüchse und den Tugendverfall in der Kleiderordnung… womit er u.a. den Minirock und den Bikini meinte. Wie man sich vielleicht denken kann, war mein Vater in allen Punkten völlig anderer Ansicht…
Es führt nicht weiter hier zu fragen, wer recht hat(te). Ich möchte damit nur aufzeigen, dass es schwierig ist, objektiv zu sagen, was ein „Verfall der Sitten“ ist oder eben „überbordend“, um bei unserem Thema zu bleiben. Es liegt im Auge des Betrachters und selbst das ist im Zeitablauf ständig Änderungen unterworfen.
Um thematisch wieder ein bisschen näher an die DSA-Cover ranzukommen:
Mich verwundert bei der Debatte, dass selbst minimal freizügig dargestellte weibliche Charaktere wie z.B. Elfe und Magierin auf dem geplanten DSA 5 Cover bei manchen Kommentatorinnen so stark negative Gefühle auslösen. Ist es wirklich das, was man dort sehen kann, das so stark stört oder ist es etwas, was damit assoziiert wird? Ich würde das gerne verstehen.
Mein Eindruck ist, dass die Kritiker dort etwas wahrnehmen, was nicht zwingend im Bild enthalten ist, sondern aufgrund eigener Weltanschaung, politischer Neigung, subjektivem Empfinden, persönlicher Sozialisation, etc. bei ihnen individuell so wirkt.
Wenn ich z.B. die Magierin ansehe, dann sehe ich da nicht ein unterdrücktes weibliches Wesen, das gegen seinen Willen und bösen Männern zum Gefallen eine Kleidung tragen muss, die ihr nicht steht und sie zum bloßen Objekt fremder Lüste degradiert.
Ich sehe stattdessen eine selbstbewusste Frau, die offensichtlich weiß, dass sie nicht nur in der Magie etwas drauf hat, sondern von den Göttern auch noch mit einem attraktiven Körper gesegnet wurde und die den Mut und die Lebensfreude hat das auch zu zeigen. Vielleicht sogar die Raffinesse, diesen Vorteil je nach Lage sogar noch auszuspielen, gegenüber Männern, die sich z.B. von ihrem Äußeren ablenken lassen. Ähnliches könnte man in meinen Augen über die Elfin oder auch die Dryade sagen. So wie sie dargestellt sind, sind das keine schwachen Persönlichkeiten, sondern Charaktere, die das was sie tun, auch wollen und sich leisten können. Man kann das natürlich auch anders rezipieren aber das ist m.E. wie gesagt dann nicht vom Bild so vorgegeben, sondern liegt in der je eigenen Sichtweise.
Macht Euch doch bitte mal den Spaß und gebt in der Bildersuche einer Suchmaschine die Begriffe „Cosplay“ und „Buchmesse“ ein, ggf. auch nur „Cosplay“. Findet jemand ernsthaft, die vielen fantasievoll verkleideten Mädels sehen so aus, als würden sie das ungerne oder unter Zwang machen? Ist es realistisch anzunehmen, sie würden eigentlich doch lieber die Amazonenbrünne gegen Hose und Pulli tauschen, wenn man ihnen nur mal klar machen würde, dass man im Kostüm zu viel von ihren Brüsten sieht und es davon auf Fernsehzeitungen schon genug gibt? Wenn ich die weiblichen Cosplayer anschaue, sehe ich lebenslustige, begeisterungsfähige, fleißige, selbstbewusste Mädchen mit einem postiven Körpergefühl die eine Menge Spaß haben. Nicht weniger aber auch nicht mehr! Warum sollte das nicht ok sein?
Ein Kritikpunkt zum Schluss, den ich leicht nachvollziehen kann. Es gibt im echten Leben z.B. in der Werbung wie auch auf Covern von Publikationen wesentlich mehr attraktive weibliche Abbilder als männliche. Das ist, denke ich, wahr. Die Frage ist, ob man sich als Frau davon belästigt fühlen sollte oder nicht. Meines Erachtens kann es hilfreich sein, wenn man sich bei der Einordnung dieses Umstands die beiden Hauptgründe für die Ungleichverteilung bewusst macht.
Zum einen ist der prozentuale Anteil an männlichen Lesern z.B. bei Rollenspielen höher als der weibliche, so dass sozusagen zielgruppenorientiert auch ein höherer Anteil an „Augenfutter“ geboten wird. Bei 2 Katzen und 5 Hunden im Haus würde man ja auch nicht gleich viel Hunde- wie Katzenfutter hinstellen… ;-))))
Zum anderen – und das ist jetzt keine wissenschaftlich belegte These, sondern nur eine Beobachtung meinerseits – sind Männer im Durchschnitt leichter mit nackten Tatsachen zu „begeistern“ als Frauen. Soweit ich das mitkriege, drehen Männer schneller den Kopf auf der Straße nach einem weiblichen Wesen um, können sich schlechter vom Anblick eines geöffneten Dekolletees lösen und finden anzügliche Witze eher lustig, als all das umgekehrt bei Frauen funktioniert. Das soll nicht heißen, dass Frauen einen knackigen Männerhintern nicht gut finden würden oder einzelne Individuen egal ob Mann oder Frau anders darauf reagieren. Ich meine nur, dass im Durchschnitt aller Menschen, Männer mit gewissen Schlüsselreizen je nach externer oder interner Sichtweise leichter geködert werden können bzw. mehr Spaß daran haben. Das ist meines Erachtens der ganz triviale (biologische) Grund, warum es dazu generell ein größeres Angebot gibt.
Nach diesen weitläufigen Ausführungen möchte ich zum Schluss noch sagen, dass ich es wie Michael sehr schätze, dass hier sachlich und respektvoll über das schwierige Thema diskutiert wird und hoffe, dem ebenfalls entsprochen zu haben.
Was das zukünftige DSA angeht, wünsche ich mir, dass es einfach so bleibt wie es ist. Keine neue Prüderie und Zugeknöpftheit, ab und zu auch mal etwas Erfreuliches für die Augen, aber natürlich(!) alles mit Maß und Stil und im Rahmen bleibend.
Liebe Grüße
Alrik vom Eichforst
Boah… da guck ich! Alrik, vielen Dank für diesen Beitrag, kann nahezu komplett unterschreiben!!!!!!!!! 🙂
Kann es sein das die Diskrepanz auch auf unterschiedlich starker vergleichender Wahrnehmung der Geschlechter mitberuht?
Nehmen wir das allseits bekannte Yüce Cover von Mit Mantel, Schwert und Zauberstab: der spärlich bekleidete Thorwaler duelliert sich mit der Minirockkämpferin in der Taverne.
KÖNNTE es sein das die männlichen Betrachter sich weniger mit dem Thorwaler (oben ohne, flacher Bauch, definierte Armmuskeln, groß gewachsen, männlich) vergleichen, als sich die weiblichen Betrachter mit der Kämpferin in deren optischen Attributen?
Ich persönlich nehme es nicht wahr das der Thorwaler stärker/männlicher/… als ich aussieht, vielleicht weil ich Sport machen, vielleicht auch weil ich eher zu der Kämpferin mit dem kurzen Rock schiele. Kann es also sein das die Mädels denen die Darstellung der Frau hier nicht zusagt, gar nicht zu dem Thorwaler schielen sondern auch zu der Kämpferin??? 😉
Vielleicht ist es ein grundlegender Fehler das wir versuchen mit Idealen bewusst oder unbewusst mitzuhalten, egal ob in Zeichnungen auf DSA Bildern oder in der Werbung, wo auch jedes Model digital aufgehübscht wird.
Den Künstlern kann man es auch nicht übelnehmen, bis zurück in die Antike haben Künstler gern den idealen Körper dargestellt, nicht den Alrikos Normalos 🙂
Hallo Michael,
ich finde es wunderbar, dass jemand dieses Thema anspricht, so offensichtlich und doch so ignoriert. In unserer heutigen Gesellschaft gehört es ja mittlerweile dazu, alles, was öffentlich ist, mit dem Sexismus-Auge zu scannen. Das mag für einige – vor allem für diejenigen, die es nicht verstehen – als übertrieben und lästig empfunden werden, aber immerhin wurden wir alle in eine Welt hineingeboren, der Jahrhunderte des Sexismus gegen Frauen zugrunde liegen. Wie soll man von uns erwarten, dass wir diese eingefahrenen Gedankenmuster abstreifen? Eine völlig sexismusfreie Gesellschaft zu schaffen, wird sehr seeehr schwierig werden, auch ich, die schon bei dem kleinsten frauenfeindlichen Witzchen mit den Zähnen mahlt, bin nicht frei von Klischee- und Rollenbildern, die Männer und Frauen unterschiedlich kategorisiert.
Ja, das gute alte Klischee. Fantasy ohne Klischee ist kaum vorstellbar, es würde einfach nicht funktionieren, denn die fantastische Literatur arbeitet so unendlich viel mit Symbolen, mit strengen Hierarchien, Regeln und Traditionen, die sie ja erst fantastisch machen. Im besten Falle spiegelt eine phantastische Geschichte eine Facette unserer Gesellschaft wider, die sich so viel besser erklären lässt. Demnach sind auch die Geschlechter traditionellen und klischeehaften Bildern unterworfen, insbesondere wenn es um High-Fantasy geht. Das schönste an Klischees allerdings, du hast es selbst gesagt, Michael, ist, sie zu brechen. Also ihren typischen Eigenschaften, untypische bis gegensätzliche hinzuzufügen. Das ist vor allem eine Tendenz unserer heutigen Zeit, da der Fantasyroman moderner geworden ist, mehr Entwicklungsroman als Märchen oder Abenteuerroman.
Natürlich gibt es in der Fantasy zahlreiche Unterkategorien, die von Sword & Sorcery bis Cyberpunk reichen und gerade ersterer kann man ihre Barbarenhelden und kurvenreichen Amazonen nicht absprechen, ohne das Subgenre zu vernichten, aber es ist doch so, dass die Fantasy-Literatur, wie alle Kunst, sich weiterentwickelt und weiterentwickeln MUSS, um weiterhin ihre Leser anzusprechen, die sich hoffentlich auch weiterentwickeln. Leider ist es immer noch so, dass Fantasy aus dem Nerd- und Weltfremdheitsklischee nicht herauskommt, was ich sehr schade finde. Ich wage zu behaupten, dass es tatsächlich eine Menge Leser gibt, die das Traditionelle, das Konservative, das Utopische an der Fantasy lieben, und darin die Möglichkeit sehen, unserer grauen, entmystifizierten Welt zu entkommen. Der LARPer und seine Frau, die sich am liebsten in mittelalterlichen Welten tummeln, nehmen auch mit Freude die passenden Geschlechterrollen ein. Warum sollte sich das nicht auch – unbewusst vielleicht – auf das Leben außerhalb übertragen, wenn die andere Welt doch so viel mehr Spaß bereitet?
Auch ich ergebe mich gerne dem Zauber dieser Fluchten. Aber ich gehöre auch zu den Leuten, die endlich eine Revolution der Fantasy erleben möchten. Und da muss man beim Äußeren beginnen, denn inhaltlich unterscheidet sich das bloße Gerüst vieler Fantasygeschichten ja nicht viel von „akzeptierteren“ Genres, wie dem Historischen Roman oder der Chick Lit.
Leider ist die „Szene“, im Gegensatz zur Chick Lit z.B., aber nicht unbedingt für ihren Zeitgeist bekannt und will es vermutlich auch nicht sein, schließlich werden historische Zeitalter immer eine Hauptrolle spielen. Aber dieses lässige (und durchaus sympathische) Ignorieren von Trends und Moden schlägt sich leider auch in Unmengen von altmodischen und altbackenen Abbildungen und Coverdarstellungen nieder, die nicht selten mit voller Wucht in den Kitsch und die Geschmacklosigkeit krachen.
Die Fantasy hat es doch nicht nötig mit nackter Haut, Brüsten und Muskeln zu locken, ebensowenig mit zarten Prinzessinnen und ätherischen Elfen. Wen will sie damit überhaupt locken? Wer barbusige Frauen sehen will, der sucht heutzutage woanders.
Ich habe den Eindruck, dass es hier an Kreativität mangelt, an der Lust Neues auszuprobieren. Die alten Bilder von vor sechzig Jahren werden immer und immer wieder hervorgezogen, und vor sechzig Jahren war es mit der Sexismus-Debatte noch nicht so weit wie heute. Die Fantasy ist vielerorts stecken geblieben in alten Zeiten, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen. Es ist ein Vorwurf, den die Fantasy lange kennt, aber den sie sich hier und da endlich zu Herzen nehmen sollte, um frischen Wind in ihre alten Gemäuer zu bringen.
(Wow, zum ersten Mal hier schreiben und dann aber richtig weit ausholen! Man/Mensch merkt, dass mir dieses Thema am Herzen liegt.)
Hallo,
schöner Ansatz. Ich denke, Aventurien und DSA allgemein, ist, wahrscheinlich weil es von unserem von Schulunterricht, Fernsehen und Hollywood Filmen verfälschtes Mittelalterbild geprägt ist, nicht nur sexistisch sonder auch ein wenig rassistisch. Ich bin froh, dass DSA schon sehr früh viele Frauen an wichtige Positionen geschrieben hat (höchste Geweihte, Herrscherinnen etc) und auch, dass generell außer bei Orks und Novadis und in Angergast die Gleichberechtigung usus ist in Aventurien. Aber ich vermisse schon mehr „Exoten“ in Aventurien. Damit meine ich nicht nur, dass es durchaus auch mal ausser Elfen und Zwerge mal andere Rassen im Mittelreich geben sollte, sondern vor allem auch, wo ist der farbige Moha in einer hohen Geweihten Position zB, oder eine farbiger Akademieleiter? Bei einer Welt, die durch Handel und „umherreisende“ Heldengruppe geprägt ist, sollte es auch mal sowas geben (und mit „dem Greif“ist die letzte solche Person ja von uns gegangen.)
Hallo Michael,
ich bin gerade erst hierauf gestoßen und möchte gerne etwas dazu anmerken.
Mein erster Kontakt mit DSA (da war ich 21) lief so:
Ich: „Naja, ich dachte, ich spiele ein Mädchen, eine junge Frau, die auf Abenteuer auszieht, weil sie sich nicht dem Erwartungsbild fügen will: sie möchte nicht heiraten und am Herd landen.“ (Klassische Mittelaltervorstellung)
Mein zukünftiger Spielleiter: „Hm.. das geht nicht so gut, in Aventurien gibt es Gleichberechtigung… Novadis, da ginge das.“
Ich dachte mir damals: wie toll, ein Produkt aus dem Westen, in dem Frauen Karriere machen können.
Was ich nicht wusste: möglicherweise wurde die Gleichberechtigung eingeführt, weil es ein paar Jungs gab, die gerne Xena spielen wollten. Aber das war mir egal, und so zeigte sich mir Aventurien am Spieltisch auch nie, sieht man mal von der Elfe des Monats ab.
Gerade DSA4 schaffte es mit seinem Generierungssystem, mit den tollen Berufsbeschreibungen, mit traditionellen Rollenbildern zu brechen und die Bilder von Caryad waren einfach klasse! So war dann auch unsere Spielwelt, obwohl wir merkten, dass es uns Anstrengung kostete, nicht immer von „den Wachen“ zu reden und diese dann immer sofort auch „männlich“ zu denken (Wie sehr Sprache uns doch dahingehend beeinflusst!).
Jetzt, nach reichlich 12 Jahren, kann ich sagen, dass Aventurien in Sachen Emanzipation einiges geleistet hat.
In Aventurien war es schon vor dem Elterngeld möglich, als Frau weiter auf Abenteuer auszuziehen, während der Vater die Kinderbetreuung übernahm, in Aventurien gibt es zumindest an bestimmten Orten auch die Möglichkeit, ein ungewolltes Kind ohne Schuldgefühle und Scham in einen Tsatempel zu geben, in Aventurien gibt es die Möglichkeit, einen scharfen „Kettenbikini“ oder eine körperbetonte Rüstung zu tragen und trotzdem als Kämpferin ernst genommen zu werden (Amazonen, Ayla von Schattengrund), in Aventurien kann man auch als Mann ein Kurtisan sein, und man kann als Begleiter(in) oder Liebhaber(in) sein Geld verdienen, ohne gleich als Hure abgestempelt zu werden.
Ich bin eine Frau, und ich muss sagen: Wenn die ein oder andere Heldenfigur sehr körperbetonende Kleidung trägt, dann ist Aventurien wenigstens DER Ort, an dem man sie ihres Könnens wegen trotzdem ernst nimmt.
Viele Grüße, A.