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15. August 2023

Eclipse Phase mit Year Zero

  • Posted By : Michael Masberg/
  • 3 comments /
  • Under : Pig of Spades, Rollenspiel

Nach über drei Jahren Arbeit, zahlreichen Testrunden und dem einen oder anderen verworfenen Ansatz ist es nun soweit: Mein Langzeitprojekt ECLIPSE PHASE: YEAR ZERO ist endlich erschienen! Ab sofort kannst du es kostenlos bei DriveThruRPG bekommen.

Was ist Eclipse Phase: Year Zero?

ECLIPSE PHASE: YEAR ZERO ist ein 188 Seiten starkes PDF, das die transhumane Welt von Eclipse Phase mit der famosen Year Zero Engine von Free League Publishing vereint. Und vor allem ist es ein Herzensprojekt, das mich nun schon seit mehreren Jahren begleitet.

Vor zwei Jahren habe ich Eclipse Phase zum besten Science Fiction-Rollenspielsetting gekürt. Daran hat sich nichts geändert. Und in einer Gegenwart, in der künstliche Intelligenz mehr denn je ein Thema ist, während die Menschheit gleichzeitig nicht aufhören kann, sich gegen die Erde zu wenden, hat die transhumane Zukunft des Spiels mehr denn je Relevanz.

Schon damals schrieb ich, dass das offizielle Regelwerk nicht meinen Geschmack trifft. Es ist sehr komplex und crunchig, und benutzt zudem den W100, von dem ich generell kein Fan bin. Zwar gibt es ebenfalls eine Fate-Adaption namens Transhumanity’s Fate, die sehr gelungen ist. Allerdings bin ich Fate mittlerweile entwachsen. Und so ist das Projekt ECLIPSE PHASE: YEAR ZERO entstanden.

Die Year Zero Engine

Die Year Zero Engine ist das Haussystem von Free League Publishing und die Grundlage fast aller Spiele des schwedischen Verlags. Ob nun Coriolis – Der Dritte Horizont (Platz 2 meiner liebsten Science Fiction-Settings), Blade Runner, Vaesen oder Die Verbotenen Lande– sie alle basieren auf der Year Zero Engine. Ausgehend von einer sehr simplen Grundmechanik, erweist sich die Engine dabei als sehr vielseitig und anpassbar. Für jedes Spiel wird sie etwas variiert, um genau das immersive Spielgefühl zu erzeugen, das für das Setting nötig ist. Dabei bleibt die Engine im Kern schnell und erzählerisch. Und eben diese Basis macht sie zur perfekten Partnerin für Eclipse Phase!

Zudem hat Free League Publishing in diesem Jahr eine Free Tabletop Licence (FTL) für die Year Zero Engine veröffentlicht. Diesen gibt allen Autor:innen und Spieledesigner:innen ein unwiderrufliches, weltweites und lizenzfreies Recht, das Year Zero Engine Standard Reference Document (YZE SRD) zu nutzen und auf dieser Grundlage eigenes Rollenspielmaterial frei zu veröffentlichen.

Das erwartet dich

In ECLIPSE PHASE: YEAR ZERO findest du alles, um mit einem schnellen, intuitiven und erzählerischem Regelwerk in die transhumane Zukunft einzutauchen. Die knapp 188 Seiten enthalten:

  • vollständige Regeln, um Eclipse Phase mit der Base Dice-Variante der Year Zero Engine zu spielen
  • inklusive Regeln zu Resleeving, Forking und Psychochirugie
  • 13 Karrieren für deine:n Firewall-Agent:in, von Anarchist:in und Async über Genhacker:in und Ikone bis zu Techie und Vollstrecker:in
  • 45 Egotalente, 35 Psikräfte und über 40 Morphware-Plugins, um deine Spielfigur für die transhumane Zukunft zu wappnen
  • über 70 Morphs, in die dein Ego sleeven kann
  • Kampagnenregeln zur Integration und Erweiterung der eigenen Firewall-Zelle
  • mehrere Dutzend X-Risks, inklusive Exhumane, Faktoren und Exsurgent-Virenstämme
  • Datenblätter für Spielfiguren und Firewall-Zellen

Beachte bitte, dass ECLIPSE PHASE: YEAR ZERO eine Regeladaption ist. Es gibt zwar an sinnvollen Stellen Informationen zum Settings, du benötigst dennoch das Grundbuch (sowie nach Bedarf weitere Quellenbände) von Eclipse Phase, um vollständig in das Spiel eintauchen zu können.

Moment – sagtest du „kostenlos“?

Ja! Wie das Original erscheint ECLIPSE PHASE: YEAR ZERO ebenfalls unter der Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0) license. Posthuman Studios ermächtigt Leute, in ihrem Sandkasten zu spielen, da sie möchten, dass ihr Spiel geteilt und weiterentwickelt wird. Ebenso, wie sämtliche PDFs von Eclipse Phase kostenlos verfügbar sind, gibt es auch meine Adaption kostenlos!

Ich möchte damit einen Beitrag leisten, die grandiose Welt, die Rob Boyle, Brian Cross und das Team von Posthuman Studios geschaffen haben, mehr Aufmerksamkeit bekommt. Und wenn ihr den Schritt in die gefährliche transhumane Zukunft wagt und dabei auf meinen Regelhack zurückgreift, freue ich mich sehr, davon zu hören.

Zum Download

3. August 2023

Warum ich den W100 nicht mag

  • Posted By : Michael Masberg/
  • 0 comments /
  • Under : Reflexionen, Rollenspiel

Es gibt zahllose Rollenspiele und zahlreiche Rollenspielsysteme. Sie benutzen unterschiedliche Grundmechaniken: Mal ist es besser, wenn man hoch würfelt, mal ist es besser, wenn man niedrig würfelt, und dann wieder verwendet man ganze Würfelpools und versucht, eine bestimmte Augenzahl oder Paarung zu erzielen. Und sie benutzen die unterschiedlichsten Würfel: zwanzigseitige Würfel (W20), sechsseitige Würfel (W6), ganz abgefahrene Würfel (W7) – und den W100. Alle Spielenden haben ihre Vorlieben und Abneigungen. Ich mag besonders den W100 nicht. Das hat mit dem Würfel an sich zu tun, vor allem aber mit einer grundsätzlich falschen Annahme der Systeme, die ihn benutzen.

Nota bene: Ich will keine Person überzeugen, den W100 beiseite zu legen, wenn sie damit glücklich ist. Es gibt nicht „das richtige Spiel“. Alle sollen so spielen, wie es ihnen in ihrer Gruppe am meisten Freude bereitet. Da das Thema „W100“ in meinem Umfeld in jüngster Zeit jedoch häufiger aufkam, möchte ich darlegen, warum er keine Spieloption ist, die ich mag.

Ein Würfel mit 100 Seiten?

Es mag nicht-eingeweihte Lesende dieses Blogs geben, die sich nun einen Würfel mit 100 Seiten vorstellen. (Wenn sie nicht noch damit beschäftigt sind, sich einen Würfel mit sieben Seiten vorzustellen.) Diese gibt es in der Tat, doch aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sie spätestens dann unhandlich werden, wenn der Spieltisch nur eine ganz leichte Neigung hat. In der Regel benutzt man zwei zehnseitige Würfel (W10), von denen einer die Zehnerstellen und der andere die Einerstellen darstellt. Genauso wie auf dem Bild zu diesem Artikel: Sie zeigen eine 16.

Meistens wird der W100 verwendet, um eine lineare Wahrscheinlichkeit von 1 bis (in der Regel) 100 abzubilden. Ich habe für etwas eine Chance von 35% auf Erfolg – wenn ich mit dem W100 35 oder niedriger würfelt, gelingt es mir. Daher wird er manchmal auch Prozentwürfel oder W% genannt.

Was ist falsch mit dem W100? (emotionales Argument)

Der W100 ist langweilig. Er hat den Charme von Steuererklärungen und Excel-Tabellen. Ich freue mich für jede Person, die Steuererklärungen und Excel-Tabellen liebt und mit dem W100 glücklich ist. Ich zähle nicht dazu. Ich mag zwölfseitige und achtseitige Würfel. Ich schätze den W20 schon dafür, dass er ein ikonisches Symbol für Rollenspiele ist. Selbst der klassischste aller Würfel – der W6 – hat mehr Charme als ein W100.

Zumindest für mich. Ich bin im Grunde meines Herzens Ästhet, und dieses Gefühl spielt mit. Aber das ist nicht der einzige Grund für meine Abneigung gegen denn W100.

Der W100 täuscht uns (logisches Argument)

Fans von W100-Systemen führen gerne an, dass sie besonders intuitiv sind. Als Spieler:in kennst du deine prozentuale Wahrscheinlichkeit auf Erfolg. Menschen verständen das sofort, schließlich haben sie immer und überall mit Wahrscheinlichkeiten zu tun. Und genau hier setzt meine Kritik an. Denn W100-Systeme verkennen völlig die Art und Weise, wie Menschen Wahrscheinlichkeiten betrachten. Menschen sind notorisch schlecht darin, Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen. Wir machen es zwar ständig, aber wir machen es ebenso ständig falsch. Menschen können jeden Tag mit dem Auto fahren und Angst vor Flugreisen haben, obwohl einem ein Auto statistisch gesehen mehr Angst machen sollte. Sie nehmen keinen Zucker mehr zu sich, rauchen aber trotzdem wie ein Schlot. Das hängt auch damit zusammen, dass Wahrscheinlichkeiten weniger intuitiv sind, als man gemeinhin annimmt, und dadurch die Illusion erzeugen, etwas richtig abschätzen zu können.

Wie oft hören wir Leute sagen: „Das klappt zu 100%!“ oder „Das hat Null Chance auf Erfolg!“ – nur dass sie am Ende völlig falsch liegen? Und während wir eine 50:50-Chance noch halbwegs realistisch einschätzen können (entweder klappt es oder nicht), bin ich überzeugt, dass die meisten Menschen nicht wirklich verstehen, was eine Chance von 35% auf Erfolg bedeutet. Klar, es ist besser als 30% und schlechter als 40% und nur halb so gut wie 70%. Aber darüber hinaus wird es bei den meisten Menschen aufhören.

Bei W100-Systemen tappt man leicht in die Falle, nach Wahrscheinlichkeiten zu spielen, die im Grunde genommen sehr abstrakt und kontraintuitiv sind. Sie täuschen eine Art von Objektivität und statistischer Sicherheit vor, die viele Statistiker:innen vermutlich nicht bezeugen würden. Zudem können sie schnell zu Diskussionen am Spieltisch führen, ob eine andere Wahrscheinlichkeit nicht viel „realistischer“ wäre.

Wahrscheinlichkeiten sind kontraintuitiv

Ein zusätzlicher Faktor ist, dass die allermeisten Menschen feinkörnige Schritte nicht abschätzen können. Eine Skala von 1 bis 10 bekommen wir noch hin. Die numerische Rating-Skala zur Angabe von empfundenen Schmerzen agiert auch deswegen mit den Werten 0 bis 10. Kaum ein Mensch wird sagen: „Das tut mir zu 57% weh.“ Viele andere Ratingsysteme bewegen sich nur auf einer Skala von 1 bis 5. Denn in diesen Granulierungen können wir unsere (subjektive) Einschätzung einer Lage halbwegs sicher erfassen.

Die meisten W100-Systeme sind sich dieser Problematik bewusst. Daher werden Modifikationen mindestens in 5er-Schritten, wenn nicht gleich in 10er-Schritten angeführt. Es ist auch einfacher zu merken, dass etwas Kniffeliges –10% und etwas Schwieriges –20% bedeutet, als für zig Situationen festzuhalten, dass der eine Faktor nun –17% und der andere +2% bedeutet. Wenn man aber ohnehin schon in diesen Schritten agiert, kann man direkt den W20 nehmen. Der sieht zudem schöner aus.

Was besser funktioniert

Natürlich gibt es in jedem Rollenspiel eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, mal mehr, mal weniger linear. Und mit etwas Übung kann sie in etwa einschätzen. Trotzdem bleibt am Ende normalerweise nur eine vage (und sehr subjektive) Vorstellung davon, ob das, was man tun will, leicht oder schwer ist.

Deswegen bevorzuge ich abstraktere Systeme. Die klassische Version der Year Zero Engine funktioniert zum Beispiel so: Würfle eine bestimmte Anzahl an W6, und jeder Würfel, der eine 6 zeigt, ist ein Erfolg. Wie hoch ist wie Wahrscheinlichkeit, mit drei Würfeln eine oder mehrere Sechsen zu erzielen, im Vergleich zu fünf Würfeln? Ich kann es nachschlagen, doch – who cares? Ohne sich mit konkreten Wahrscheinlichkeiten (und den damit verbundenen Fallen) beschäftigen zu müssen, werden die meisten Personen intuitiv verstehen, dass es besser ist, mit fünf statt mit drei Würfeln zu würfeln.

Das Gleiche gilt für Savage Worlds. Du würfelst einen Würfel von W4 bis W12 und versuchst, eine möglichst hohe Zahl zu erzielen. Natürlich ist der zwölfseitige Würfel besser als der vierseitige. Und mehr muss ich eigentlich schon nicht wissen.

W100-Systeme geben die Illusion, verlässlich und intuitiv zu sein, scheitern aber an der Annahme, dass wir in etwas gut sind, worin wir notorisch schlecht sind. Daher mag ich den W100 nicht und habe meine Schwierigkeiten mit Systemen, die darauf basieren.

Darüber hinaus halte ich es mit Han Solo.


1. August 2022

Von Halblingen und Mäusen

  • Posted By : Michael Masberg/
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  • Under : Reflexionen

Ab sofort lassen sich gleich zwei neue Rollenspielbücher vorbestellen, an deren Entstehung ich wesentlichen Anteil gehabt habe: die Anthologie Das stille Dorf für das Fantasy-Rollenspiel Die verbotenen Lande sowie das phantastische Mausritter. Und bei letzterem habt ihr die Möglichkeit, noch mehr herauszuholen.

Rollenspiel mit Schwert und Schnurrhaaren

Die deutsche Ausgabe von Mausritter wird in diesem Herbst bei System Matters erscheinen. Und wenn alles klappt, dann sogar schon zur diesjährigen SPIEL in Essen! Das Spiel ist komplett fertig und befindet sich bereits im Druck. Ich durfte die redaktionelle Betreuung und einen Teil der Übersetzung machen, deswegen kann ich es euch unvoreingenommen empfehlen.

Bei Mausritter schlüpfen die Spieler:innen in die Rollen abenteuerlustige Mäuse, die sich einer großen und gefährlichen Welt stellen. Obwohl es bereits ab 8 Jahren empfohlen ist, richtet es sich nicht nur an Würfelnachwuchs, sondern ist für alle Altersklassen geeignet. Denn so ein Mäuseleben ist nicht ohne und wen das Glück verlässt, der findet sich schnell im Katzenmagen wieder!

Mausritter benutzt die gleiche, schnell zu erlernende Spielmechanik wie das ebenfalls brillante Electric Bastionland, dessen deutsche Ausgabe ebenfalls bei System Matters erscheinen wird – und ebenfalls von mir übersetzt ist. Das Spiel erscheint zudem nicht als Buch, sondern als Box mit allerlei Zubehör. Und das Tolle: Je erfolgreicher die Vorbestellungsaktion ist, desto mehr Abenteuer werden hinzugefügt! Diese werden eigens für die deutsche Ausgabe geschrieben. Die Hürde für das erste Zusatzabenteuer wurde bereits genommen. Nun hast du bis zum 21. August Zeit, mit deiner Vorbestellung dafür zu sorgen, dass weitere Abenteuer hinzukommen. (Und ja, ich möchte ebenfalls eines schreiben.)

Zur Vorbestellung

Ein unheimliches Schweigen

Das stille Dorf ließ schon etwas länger auf sich warten. Dieser von mir geschriebene Abenteuerschauplatz war ein Stretchgoal im Crowdfunding zu Die verbotenen Lande – im Frühjahr 2019! Jetzt habe ich nicht so lange daran geschrieben, nur ging der Uhrwerk Verlag zwischenzeitlich insolvent. Im September erscheint Das stille Dorf endlich auch im regulären Handel. Mein Abenteuerschauplatz rund um ein Halblingsdorf, in dem niemand zu sprechen scheint, wurde dabei titelgebend für die gesamte Anthologie. Insgesamt enthält der Band acht neue Abenteuerschauplätze. Unter der Mitautor:innen befinden sich viele alte Bekannte aus DSA-Zeiten wie Stefan Küppers, Stefan Unteregger und Lars Reißig, was für mich ein schöner Bonus ist.

Während die PDF-Version bereits jetzt schon erworben werden kann, lässt die gedruckte Ausgabe noch ein klein wenig auf sich warten. Aktuell wird der Band für den 16. September 2022 angekündigt.

Zur Vorbestellung

1. Oktober 2021

Rollenspiele und immersive Events

  • Posted By : Michael Masberg/
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  • Under : Reflexionen

Rollenspiele boten immersive Erlebnisse, bevor Live-Events die Immersive Experience für sich entdecken. In den letzten Jahren sind Immersion und Gamification immer wichtigere Schlagwörter in der Eventbranche geworden. Das erlebe ich nicht zuletzt bei meiner Arbeit mit battleROYAL. Dabei benutzen wir Ideen und Mechanismen, die mir seit etwa 1994 sehr vertraut sind. Ungefähr damals bin ich in die Welt der Rollenspiele eingetaucht. Da beides so nahe beieinander liegt, ist dieses kurze Essay entstanden.

»Was machst du als Nächstes?«
Rollenspielgrundlagen für fesselnde Erlebnisse

In diesem kurzen Essay geht es nicht um Technologie. Es geht um Technik. Ich betrachte die Einbindung des Publikums in eine Immersive Experience aus einem anderen Blickwinkel: das gemeinsame Erzählen von Tabletop-Rollenspielen als Strategie für Veranstaltungen.

Wer mich kennt, weiß: Ich spiele bereits den größten Teil meines Lebens Rollenspiele. Ich bin ein Spielleiter mit über 25 Jahren Erfahrung und seit über 16 Jahren professioneller Rollenspielautor und -designer. Und dies wirkt sich auf meine Arbeit an Konzepten für Veranstaltungen und hybriden Events aus. Denn alles dreht sich um Immersion. Auch bei einem guten Spiel geht es um kollaboratives Geschichtenerzählen, persönliche Handlungsbögen und den Aufbau einer immersiven Welt.

Manche Leute denken bei Rollenspielen immer noch an Dungeons plündern, Monster erschlagen und Schätze bergen. Um ehrlich zu sein: Manchmal ist es genau das. Aber das Spieldesign hat sich schon lange weiterentwickelt. Der Schwerpunkt liegt auf gemeinschaftlichem Erzählen und gemeinsamem Erschaffen von Welten. Rollenspiele waren schon immersiv, bevor es den Hype gab. Und es lohnt sich, einen genaueren Blick auf dieses “nerdige Hobby” zu werfen und dabei ein paar Tipps für die Gestaltung von Veranstaltungen mit sich aktiv beteiligten Gästen zu gewinnen.

Kein Spiel ohne Entscheidungen

Entgegen der langläufigen Meinung ist das Würfeln nicht essentiell für ein gutes Rollenspiel. Natürlich ist es ein Teil des Spaßes. Aber worum es bei Rollenspiel geht, sind Entscheidungen. Die Spieler:innen treffen die ganze Zeit Entscheidungen. Wollen sie die verfluchte Ausgrabungsstätte betreten? Möchten sie wirklich ihren letzten Zaubertrank benutzen? Sollen sie ein Risiko eingehen oder fliehen? Als Spielleitung stelle ich vor allem immer wieder die gleiche Frage: “Was macht ihr als Nächstes?”

Entscheidungen erzeugen Beteiligung. Und Entscheidungen erschaffen eine Geschichte. Aber eine Entscheidung muss echt sein, damit sie sich sowohl auf die Spieler:innen als auch auf das gemeinsame Erleben auswirkt. Dies ist der Schlüssel zu gutem Spieldesign. Und diese Werkzeuge sind so simpel wie wirkungsvoll.

Keine Entscheidung ohne Informationen

Was macht eine echte Entscheidung aus? Die Grundlage sind immer Informationen. Wenn man nicht genügend Informationen hat, kann man keine richtige Entscheidung treffen. Man rät nur und hofft auf das Beste. Das ist jedoch keine Teilhabe, das ist Glücksspiel. Sorge dafür, dass die Teilnehmenden über genügend Informationen verfügen, um ihre Möglickeiten beurteilen zu können. Wenn du dir nicht sicher bist, ob sie genug wissen, gib ihnen einfach mehr. Es gibt kein Zuviel an Informationen!

Keine Entscheidung ohne Konsequenz

Aber Informationen sind nur ein Bestandteil. Der andere wichtige Teil liegt auf der anderen Seite der Entscheidung: die Konsequenz. Jede Option, die zur Auswahl steht, muss eine Auswirkung auf die Erzählung haben. Andernfalls spielt sie keine Rolle. Und wenn sie nicht wichtig sind, braucht man keine Wahl zu treffen. Wenn Option A für eine aufregende Wendung sorgt und Option B langweilig ist, ist das eine falsche Wahl. Insgeheim hast du die Teilnehmenden so manipuliert, dass sie in die von dir gewünschte Richtung gehen. Das kann funktionieren. Aber früher oder später werden sie den Trick durchschauen.

Was aber, wenn Option A zu einem spannenden Erlebnis führt, das man verpasst, wenn man sich für Option B entscheidet – und vice versa? Keine Entscheidung ist falsch, beide versprechen eine Belohnung, aber jede ist mit einem Preis verbunden. Jetzt ist es eine echte Wahl, die sich auf das gesamte Erlebnis auswirkt. Eine Gruppe kann sich hier vielleicht entscheiden, sich aufzuteilen. Das ist großartig! Und eine weitere Entscheidung mit einer nachwirkenden Konsequenz.

Auch eine solche Entscheidung kann man nur treffen, wenn man zumindest eine Vorstellung von den Konsequenzen haben. Wieder gilt: Information sind wichtig! Man muss wissen, was man bekommt und was man verpasst. Zeige es ihnen! Es gibt genug andere Gelegenheiten für Überraschungen, also halte dich nicht zurück, wenn es um die Informationen geht, die du im Vorfeld gibst.

Was sind Rollenspiele?

Das bekannteste Rollenspiel ist wohl Dungeons & Dragons, aber es gibt unzählige Rollenspiele mit unterschiedlichen Settings und Regeln. Jedes große Franchise hat oder hatte einen Rollenspiel, von Herr der Ringe bis Star Trek. Aber es funktioniert auch andersherum: Die Erfolgsserie The Expanse begann als private Rollenspielkampagne der Macher. Einige der beliebtesten Charaktere wurden vorher von den Freunden der Autoren gespielt.

Aber wie funktioniert es? Im Kern geht es um das gemeinsame Erzählen und Erleben von Geschichten. Alle Mitspielenden bis auf eine Person übernehmen die Rollen der Hauptfiguren der Geschichte. Die verbleibende Person übernimmt die Spielleitung. Sie verkörpert alle anderen Figuren der Geschichte, beschreibt die Welt, in der die Spielfiguren agieren, und stellt sie vor spannende Herausforderungen. Die Handlung entfaltet sich in abwechselnden Beschreibungen. Und wenn der Ausgang einer Szene oder Handlung ungewiss ist, entscheidet ein Würfelwurf über den weiteren Verlauf der Ereignisse. Werden unsere Held:innen Erfolg haben oder müssen sie sich neuen Hindernissen stellen?

Informationen – Entscheidung – Konsequenz

Worüber schreibe ich hier eigentlich – über Rollenspiele oder Veranstaltungen? Und spielt es eine Rolle, wenn es für beides funktioniert? Informationen, Entscheidung und Konsequenz sind die drei wesentlichen Elemente für echte immersive Erlebnisse, bei denen die Teilnehmenden das Steuer in die Hand nehmen. Und genau da beginnt der Spaß.

Nicht nur für die Teilnehmenden, seien es deine Spieler:innen oder aktive Gäste eines Events. Ich übernehme die Rolle der Spielleitung nicht nur, weil ich gerne Geschichten erzähle. Am spannendsten ist es für mich, die Geschichte loszulassen. Ich habe eine Vorstellung von meiner Erzählungen und möglichen Ergebnissen, aber ich habe nicht die Kontrolle darüber. Denn ich sitze nicht am Steuer, sondern meine Mitspielenden. Ich gebe nur Informationen und beschreibe die Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Was daraus entsteht, ist inspirierend, aufregend, unvorhersehbar und macht mehr Spaß, als ich je im Vorfeld planen könnte. Du solltest es ausprobieren!

Spielen, um zu lernen

Auf meinem Blog habe ich schon so manches Rollenspiel vorgestellt, zum Beispiel, was ich zur Zeit spiele oder meine liebsten Science Fiction-Settings. Hier sind noch weitere Empfehlungen für leicht zugängliche Rollenspiele, die deine Herangehensweise an die Konzeption von Veranstaltungen verändern könnten.

  • Microscope von Ben Robbins (in Deutsch beim Uhrwerk Verlag erschienen) ist ein Worldbuilding-Spiel für 2 bis 5 Spieler:innen ohne Spielleitung. Man erschafft kollaborativ eine Geschichte, die Wochen, Monate oder ganze Zeitalter umfassen kann. Ausgehend von festen Punkten und Ereignissen zoomen die Spieler:innen in die Ereignisse hinein und können die geschaffenen Details mit frei definierten Charakteren ausspielen. Die Zeit verläuft dabei keineswegs linear, sondern springt nach Belieben vor und zurück.
  • 
Electric Bastionland von Chris McDowall wurde als Rollenspiel entwickelt, das jede Person spielen kann. Besonders, wenn sie keine Zauberer:innen, Drachen und komplexe Regeln mag. Das Buch bietet außerdem großartige Ratschläge, wie man bedeutungsvolle Entscheidungen gestaltet. Aktuell gibt es das Buch nur auf Englisch, aber aus verlässlicher Quelle weiß ich, dass sich eine deutsche Übersetzung in Arbeit befindet.
  • Dungeon World von Sage LaTorra und Adam Koebel (in Deutsch bei System Matters erschienen) ist hingegen für Personen, die Zauberer:innen und Drachen mögen, aber ebenfalls keine komplexen Regeln. Die Charaktererschaffung erfolgt über einen Multiple Choice-Charakterbogen. Anschließend wird die gesamte klassische Fantasywelt durch die Entscheidungen der Spieler:innen geformt. Verhängnisvolle Weiten ist eine wertvolle Ergänzung vom kollaborativen Worldbuilding.
  • Invisible Sun von Monte Cook ist sicherlich nicht für Einsteiger:innen, aber ein Meisterwerk immersiver Werkzeuge, Anreize und einer von den Spieler:innen gesteuerten Erzählung. Es ist eine beachtliche (finanzielle und zeitliche Investition), für mich jedoch ein echter Gamechanger.
  • Und solltest du Kinder haben, solltest du unbedingt So nicht, Schurke! von Shanna Germain und Monte Cook ausprobieren. Die deutsche Version gibt es ebenfalls beim Uhrwerk Verlag.

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