Michael Masberg | Wort & BühneMichael Masberg | Wort & BühneMichael Masberg | Wort & BühneMichael Masberg | Wort & Bühne
  • Wer?
  • Wort
  • Bühne
  • Ausstellungen
  • Referenzen
  • Blog
  • Wer?
  • Wort
  • Bühne
  • Ausstellungen
  • Referenzen
  • Blog
1. August 2022

Von Halblingen und Mäusen

  • Posted By : Michael Masberg/
  • 0 comments /
  • Under : Reflexionen

Ab sofort lassen sich gleich zwei neue Rollenspielbücher vorbestellen, an deren Entstehung ich wesentlichen Anteil gehabt habe: die Anthologie Das stille Dorf für das Fantasy-Rollenspiel Die verbotenen Lande sowie das phantastische Mausritter. Und bei letzterem habt ihr die Möglichkeit, noch mehr herauszuholen.

Rollenspiel mit Schwert und Schnurrhaaren

Die deutsche Ausgabe von Mausritter wird in diesem Herbst bei System Matters erscheinen. Und wenn alles klappt, dann sogar schon zur diesjährigen SPIEL in Essen! Das Spiel ist komplett fertig und befindet sich bereits im Druck. Ich durfte die redaktionelle Betreuung und einen Teil der Übersetzung machen, deswegen kann ich es euch unvoreingenommen empfehlen.

Bei Mausritter schlüpfen die Spieler:innen in die Rollen abenteuerlustige Mäuse, die sich einer großen und gefährlichen Welt stellen. Obwohl es bereits ab 8 Jahren empfohlen ist, richtet es sich nicht nur an Würfelnachwuchs, sondern ist für alle Altersklassen geeignet. Denn so ein Mäuseleben ist nicht ohne und wen das Glück verlässt, der findet sich schnell im Katzenmagen wieder!

Mausritter benutzt die gleiche, schnell zu erlernende Spielmechanik wie das ebenfalls brillante Electric Bastionland, dessen deutsche Ausgabe ebenfalls bei System Matters erscheinen wird – und ebenfalls von mir übersetzt ist. Das Spiel erscheint zudem nicht als Buch, sondern als Box mit allerlei Zubehör. Und das Tolle: Je erfolgreicher die Vorbestellungsaktion ist, desto mehr Abenteuer werden hinzugefügt! Diese werden eigens für die deutsche Ausgabe geschrieben. Die Hürde für das erste Zusatzabenteuer wurde bereits genommen. Nun hast du bis zum 21. August Zeit, mit deiner Vorbestellung dafür zu sorgen, dass weitere Abenteuer hinzukommen. (Und ja, ich möchte ebenfalls eines schreiben.)

Zur Vorbestellung

Ein unheimliches Schweigen

Das stille Dorf ließ schon etwas länger auf sich warten. Dieser von mir geschriebene Abenteuerschauplatz war ein Stretchgoal im Crowdfunding zu Die verbotenen Lande – im Frühjahr 2019! Jetzt habe ich nicht so lange daran geschrieben, nur ging der Uhrwerk Verlag zwischenzeitlich insolvent. Im September erscheint Das stille Dorf endlich auch im regulären Handel. Mein Abenteuerschauplatz rund um ein Halblingsdorf, in dem niemand zu sprechen scheint, wurde dabei titelgebend für die gesamte Anthologie. Insgesamt enthält der Band acht neue Abenteuerschauplätze. Unter der Mitautor:innen befinden sich viele alte Bekannte aus DSA-Zeiten wie Stefan Küppers, Stefan Unteregger und Lars Reißig, was für mich ein schöner Bonus ist.

Während die PDF-Version bereits jetzt schon erworben werden kann, lässt die gedruckte Ausgabe noch ein klein wenig auf sich warten. Aktuell wird der Band für den 16. September 2022 angekündigt.

Zur Vorbestellung

1. Oktober 2021

Rollenspiele und immersive Events

  • Posted By : Michael Masberg/
  • 0 comments /
  • Under : Reflexionen

Rollenspiele boten immersive Erlebnisse, bevor Live-Events die Immersive Experience für sich entdecken. In den letzten Jahren sind Immersion und Gamification immer wichtigere Schlagwörter in der Eventbranche geworden. Das erlebe ich nicht zuletzt bei meiner Arbeit mit battleROYAL. Dabei benutzen wir Ideen und Mechanismen, die mir seit etwa 1994 sehr vertraut sind. Ungefähr damals bin ich in die Welt der Rollenspiele eingetaucht. Da beides so nahe beieinander liegt, ist dieses kurze Essay entstanden.

»Was machst du als Nächstes?«
Rollenspielgrundlagen für fesselnde Erlebnisse

In diesem kurzen Essay geht es nicht um Technologie. Es geht um Technik. Ich betrachte die Einbindung des Publikums in eine Immersive Experience aus einem anderen Blickwinkel: das gemeinsame Erzählen von Tabletop-Rollenspielen als Strategie für Veranstaltungen.

Wer mich kennt, weiß: Ich spiele bereits den größten Teil meines Lebens Rollenspiele. Ich bin ein Spielleiter mit über 25 Jahren Erfahrung und seit über 16 Jahren professioneller Rollenspielautor und -designer. Und dies wirkt sich auf meine Arbeit an Konzepten für Veranstaltungen und hybriden Events aus. Denn alles dreht sich um Immersion. Auch bei einem guten Spiel geht es um kollaboratives Geschichtenerzählen, persönliche Handlungsbögen und den Aufbau einer immersiven Welt.

Manche Leute denken bei Rollenspielen immer noch an Dungeons plündern, Monster erschlagen und Schätze bergen. Um ehrlich zu sein: Manchmal ist es genau das. Aber das Spieldesign hat sich schon lange weiterentwickelt. Der Schwerpunkt liegt auf gemeinschaftlichem Erzählen und gemeinsamem Erschaffen von Welten. Rollenspiele waren schon immersiv, bevor es den Hype gab. Und es lohnt sich, einen genaueren Blick auf dieses “nerdige Hobby” zu werfen und dabei ein paar Tipps für die Gestaltung von Veranstaltungen mit sich aktiv beteiligten Gästen zu gewinnen.

Kein Spiel ohne Entscheidungen

Entgegen der langläufigen Meinung ist das Würfeln nicht essentiell für ein gutes Rollenspiel. Natürlich ist es ein Teil des Spaßes. Aber worum es bei Rollenspiel geht, sind Entscheidungen. Die Spieler:innen treffen die ganze Zeit Entscheidungen. Wollen sie die verfluchte Ausgrabungsstätte betreten? Möchten sie wirklich ihren letzten Zaubertrank benutzen? Sollen sie ein Risiko eingehen oder fliehen? Als Spielleitung stelle ich vor allem immer wieder die gleiche Frage: “Was macht ihr als Nächstes?”

Entscheidungen erzeugen Beteiligung. Und Entscheidungen erschaffen eine Geschichte. Aber eine Entscheidung muss echt sein, damit sie sich sowohl auf die Spieler:innen als auch auf das gemeinsame Erleben auswirkt. Dies ist der Schlüssel zu gutem Spieldesign. Und diese Werkzeuge sind so simpel wie wirkungsvoll.

Keine Entscheidung ohne Informationen

Was macht eine echte Entscheidung aus? Die Grundlage sind immer Informationen. Wenn man nicht genügend Informationen hat, kann man keine richtige Entscheidung treffen. Man rät nur und hofft auf das Beste. Das ist jedoch keine Teilhabe, das ist Glücksspiel. Sorge dafür, dass die Teilnehmenden über genügend Informationen verfügen, um ihre Möglickeiten beurteilen zu können. Wenn du dir nicht sicher bist, ob sie genug wissen, gib ihnen einfach mehr. Es gibt kein Zuviel an Informationen!

Keine Entscheidung ohne Konsequenz

Aber Informationen sind nur ein Bestandteil. Der andere wichtige Teil liegt auf der anderen Seite der Entscheidung: die Konsequenz. Jede Option, die zur Auswahl steht, muss eine Auswirkung auf die Erzählung haben. Andernfalls spielt sie keine Rolle. Und wenn sie nicht wichtig sind, braucht man keine Wahl zu treffen. Wenn Option A für eine aufregende Wendung sorgt und Option B langweilig ist, ist das eine falsche Wahl. Insgeheim hast du die Teilnehmenden so manipuliert, dass sie in die von dir gewünschte Richtung gehen. Das kann funktionieren. Aber früher oder später werden sie den Trick durchschauen.

Was aber, wenn Option A zu einem spannenden Erlebnis führt, das man verpasst, wenn man sich für Option B entscheidet – und vice versa? Keine Entscheidung ist falsch, beide versprechen eine Belohnung, aber jede ist mit einem Preis verbunden. Jetzt ist es eine echte Wahl, die sich auf das gesamte Erlebnis auswirkt. Eine Gruppe kann sich hier vielleicht entscheiden, sich aufzuteilen. Das ist großartig! Und eine weitere Entscheidung mit einer nachwirkenden Konsequenz.

Auch eine solche Entscheidung kann man nur treffen, wenn man zumindest eine Vorstellung von den Konsequenzen haben. Wieder gilt: Information sind wichtig! Man muss wissen, was man bekommt und was man verpasst. Zeige es ihnen! Es gibt genug andere Gelegenheiten für Überraschungen, also halte dich nicht zurück, wenn es um die Informationen geht, die du im Vorfeld gibst.

Was sind Rollenspiele?

Das bekannteste Rollenspiel ist wohl Dungeons & Dragons, aber es gibt unzählige Rollenspiele mit unterschiedlichen Settings und Regeln. Jedes große Franchise hat oder hatte einen Rollenspiel, von Herr der Ringe bis Star Trek. Aber es funktioniert auch andersherum: Die Erfolgsserie The Expanse begann als private Rollenspielkampagne der Macher. Einige der beliebtesten Charaktere wurden vorher von den Freunden der Autoren gespielt.

Aber wie funktioniert es? Im Kern geht es um das gemeinsame Erzählen und Erleben von Geschichten. Alle Mitspielenden bis auf eine Person übernehmen die Rollen der Hauptfiguren der Geschichte. Die verbleibende Person übernimmt die Spielleitung. Sie verkörpert alle anderen Figuren der Geschichte, beschreibt die Welt, in der die Spielfiguren agieren, und stellt sie vor spannende Herausforderungen. Die Handlung entfaltet sich in abwechselnden Beschreibungen. Und wenn der Ausgang einer Szene oder Handlung ungewiss ist, entscheidet ein Würfelwurf über den weiteren Verlauf der Ereignisse. Werden unsere Held:innen Erfolg haben oder müssen sie sich neuen Hindernissen stellen?

Informationen – Entscheidung – Konsequenz

Worüber schreibe ich hier eigentlich – über Rollenspiele oder Veranstaltungen? Und spielt es eine Rolle, wenn es für beides funktioniert? Informationen, Entscheidung und Konsequenz sind die drei wesentlichen Elemente für echte immersive Erlebnisse, bei denen die Teilnehmenden das Steuer in die Hand nehmen. Und genau da beginnt der Spaß.

Nicht nur für die Teilnehmenden, seien es deine Spieler:innen oder aktive Gäste eines Events. Ich übernehme die Rolle der Spielleitung nicht nur, weil ich gerne Geschichten erzähle. Am spannendsten ist es für mich, die Geschichte loszulassen. Ich habe eine Vorstellung von meiner Erzählungen und möglichen Ergebnissen, aber ich habe nicht die Kontrolle darüber. Denn ich sitze nicht am Steuer, sondern meine Mitspielenden. Ich gebe nur Informationen und beschreibe die Konsequenzen ihrer Entscheidungen. Was daraus entsteht, ist inspirierend, aufregend, unvorhersehbar und macht mehr Spaß, als ich je im Vorfeld planen könnte. Du solltest es ausprobieren!

Spielen, um zu lernen

Auf meinem Blog habe ich schon so manches Rollenspiel vorgestellt, zum Beispiel, was ich zur Zeit spiele oder meine liebsten Science Fiction-Settings. Hier sind noch weitere Empfehlungen für leicht zugängliche Rollenspiele, die deine Herangehensweise an die Konzeption von Veranstaltungen verändern könnten.

  • Microscope von Ben Robbins (in Deutsch beim Uhrwerk Verlag erschienen) ist ein Worldbuilding-Spiel für 2 bis 5 Spieler:innen ohne Spielleitung. Man erschafft kollaborativ eine Geschichte, die Wochen, Monate oder ganze Zeitalter umfassen kann. Ausgehend von festen Punkten und Ereignissen zoomen die Spieler:innen in die Ereignisse hinein und können die geschaffenen Details mit frei definierten Charakteren ausspielen. Die Zeit verläuft dabei keineswegs linear, sondern springt nach Belieben vor und zurück.
  • 
Electric Bastionland von Chris McDowall wurde als Rollenspiel entwickelt, das jede Person spielen kann. Besonders, wenn sie keine Zauberer:innen, Drachen und komplexe Regeln mag. Das Buch bietet außerdem großartige Ratschläge, wie man bedeutungsvolle Entscheidungen gestaltet. Aktuell gibt es das Buch nur auf Englisch, aber aus verlässlicher Quelle weiß ich, dass sich eine deutsche Übersetzung in Arbeit befindet.
  • Dungeon World von Sage LaTorra und Adam Koebel (in Deutsch bei System Matters erschienen) ist hingegen für Personen, die Zauberer:innen und Drachen mögen, aber ebenfalls keine komplexen Regeln. Die Charaktererschaffung erfolgt über einen Multiple Choice-Charakterbogen. Anschließend wird die gesamte klassische Fantasywelt durch die Entscheidungen der Spieler:innen geformt. Verhängnisvolle Weiten ist eine wertvolle Ergänzung vom kollaborativen Worldbuilding.
  • Invisible Sun von Monte Cook ist sicherlich nicht für Einsteiger:innen, aber ein Meisterwerk immersiver Werkzeuge, Anreize und einer von den Spieler:innen gesteuerten Erzählung. Es ist eine beachtliche (finanzielle und zeitliche Investition), für mich jedoch ein echter Gamechanger.
  • Und solltest du Kinder haben, solltest du unbedingt So nicht, Schurke! von Shanna Germain und Monte Cook ausprobieren. Die deutsche Version gibt es ebenfalls beim Uhrwerk Verlag.

1. Juli 2021

Im Netz der Datenspinne

  • Posted By : Michael Masberg/
  • 0 comments /
  • Under : Rollenspiel

Coriolis – Der Dritte Horizont ist eines meiner Lieblingsrollenspiele. Und mittlerweile habe ich unter meinem Label Pig of Spades das eine oder andere PDF auf DriveThruRPG veröffentlicht, darunter zwei Abenteuer und eine Spielhilfe. Nun gibt es etwas Neues für jede Datenspinne: Web of the Data Spider.

Diese Spielhilfe bietet  erweiterte Regeln für Datendschinns, die die Denkweise und den Geist des Grundregelwerks Coriolis – Der Dritte Horizont beibehalten. Es handelt sich nicht um ein komplett neues Subsystem, sondern um eine einfache und elegante Erweiterung der bestehenden Regeln. 

Und wie kam es dazu? Meistens braucht es einen Anlass, um sich überhaupt über Hausregeln Gedanken zu machen. Dies war der Fall, als eine neue Mitspielerin Anfang des Jahres zu unserer Gruppe dazugestoßen ist. Und sie brachte eine junge Datenspinne  (ein anderer Begriff für Hacker:in) an Bord unseres Raumschiffes. Um ihr mehr Möglichkeiten zu geben, als das Regelwerk vorsieht, ist die Spielhilfe entstanden.

Dafür habe ich Regeln aus meinem Year Zero-Hack für Eclipse Phase adaptiert. Denn die Welt des Dritten Horizonts ist nicht (überall) so hypervernetzt wie in der beschleunigten Zukunft von Eclipse Phase. Dennoch gibt es ausreichend Möglichkeiten für Datenspinnen, ihre Magie wirken zu lassen. Und dies bilden die Erweiterungen von Web of the Data Spider ab.

Zahl, was es dir wert ist!

Web of the Data Spider ist weniger umfangreich als Eternal lurks the Darkness oder The Prophetess of Marakanda . Daher habe ich mich entschieden, euch selbst den Preis bestimmen zu lassen. Zahlt einfach, was es euch wert ist. Ich hoffe jedenfalls, mit dieser kleinen Spielhilfe euer Spiel zu bereichern, und freue mich über Feebdack und Bewertungen!

Hol es dir!

25. Juni 2021

D&D und ich: Eine Geschichte

  • Posted By : Michael Masberg/
  • 0 comments /
  • Under : Rollenspiel

Vor kurzem habe ich darüber geschrieben, was ich zur Zeit spiele. Dabei warf ich einen Blick auf Humblewood. Heute möchte ich einen genaueren Blick auf “das Spiel mit den Eulen” werfen. Dabei geht es jedoch weniger um das Kampagnensetting an sich, sondern um meine Erfahrung mit einem der bekanntesten Rollenspiele der Welt: Dungeons & Dragons.

Als ich in den 1990ern rollenspielerisch sozialisiert wurde, hatte man – zumindest in meinem würfelnden Umfeld – eine Grundsatzentscheidung zu treffen: Spielte man Das Schwarze Auge (DSA) oder Dungeons & Dragons (D&D)? (Gut, ein paar spielten noch Midgard, aber das ist eine andere Geschichte.) Es war eine so grundsätzliche Frage wie “Marvel oder DC?”. Und ganz ähnlich belauerte man einander und scherzte übereinander. Aventurische Fans wurden für ihre Hotzenplotzigkeit belächelt, Verliese erkundende Abenteurer:innen galten gemeinhin als blutrünstige Murderhobos, die für Erfahrungspunkte alles niedermetzelten, was ihnen für die Klinge kam. Und ja, an allen Vorurteilen war (und ist) etwas dran.

Ich zählte zu den Hotzenplotzen, die ein Land erkundeten, in dem jeder Meilenstein in irgendeinem Buch beschrieben war. Und in dem Adelsspieler:innen in Briefen Hochzeiten fiktiver Figuren aushandelten, deren Vermählungen seitenweise in einer zweimonatlichen Gazette beschrieben wurden. Ja, auch damit habe ich meine Zeit verbracht.

Mein Erstkontakt mit D&D

Trotzdem hat mich dann und wann die Neugier gepackt und ich habe andere Systeme ausprobiert. So kam es um die Jahrtausendwende zu meinem ersten Kontakt mit D&D. (Es muss ⁄Advanced Dungeons & Dragons gewesen sein, wenn ich mich richtig erinnere.) Vielleicht hatte ich einfach Pech, doch dieses Erlebnis bestätigte alle meine Vorurteile: Die “Story” war eine endlose Abfolge von Kämpfen, Spielfiguren waren vor allem Klasse und Funktion (“Nein, das kannst du nicht spielen, wir brauchen noch einen Tank!”), und am Ende ging es um Erfahrungspunkte und Schätze. Die Aufgabe der Spielleitung schien vor allem darin zu bestehen, unsere Spielfiguren auf möglichst spektakuläre Art umzubringen. Und uns damit permanent darin zu erinnern, wie schwach sie eigentlich sind und dass wir viel bessere Ausrüstung brauchen.

Ich vermute, dass diese Art des Rollenspiels seinen Reiz haben kann. Und das ist fein, solange es für alle am Spieltisch funktioniert. Mir persönlich erschließt er sich jedoch bis heute nicht. Letztlich sorgte die Erfahrung dafür, dass ich mich D&D schlicht nicht mehr genähert habe – für fast 20 Jahre.

Der lockende Ruf der Eulen

Und dann kam Humblewood. Im Frühjahr 2019 startete die Finanzierung des Kampagnenbandes auf Kickstarter und sollte mit über 1 Million Dollar zu einer der erfolgreichsten Rollenspielkampagnen der Plattform werden. Ich selbst hatte erst etwas über ein halbes Jahr zuvor für mich entdeckt, dass es mir richtig Spaß macht, Geld in Rollenspiel-Crowdfundings zu werfen. Und das Konzept anthropomorpher Fantasy begeisterte mich. Mehr aber noch das phantastische Artwork. Hit Point Press bekam mein Geld und ich später das Buch. Und dann wanderte es erst einmal auf den Pile of Shame.

Doch da ich es schon einmal hatte, wagte ich einen neuen Blick auf D&D. Dieses befand ich mittlerweile in der fünften Edition. Positiv überrascht stelle ich fest, dass es sich sehr angenehm weiterentwickelt hatte, mit schlankeren Regeln und einen stärkeren Fokus auf das Narrativ. Das heißt nicht, dass es mich direkt überzeugte, es unbedingt zu spielen, doch mein Interesse war geweckt.

Jetzt kennt ihr diesen Teil meiner Lebensgeschichte, und ich kann zum eigentliuchen Thema kommen.

Meine Erfahrungen mit D&D5 (bis jetzt)

Von einem Oneshot abgesehen dauerte noch einmal fast zwei Jahre bis die Würfel im Wald rollten. Seit Anfang diesen Jahres leite ich die Kampagne aus dem Humblewood-Buch. Wir haben das erste von fünf Abenteuern nach drei kürzeren Sitzungen abgeschlossen. Ich beginne mit dem Setting: Humblewood ist toll! Die Kampagne beginnt recht klassisch, doch gerade das sorgt für ein Zero-to-Hero-Gefühl, dass ich lange nicht mehr hatte. Die tiergestaltigen Abstammungen sorgen für zusätzliche Farbe. Ein gockelgestaltiger Gallus-Barde, ein stacheliger Hedge-Druide und die fuchsgleiche Vulpin-Schurrkin (unsere Runde) sind per se anders als Menschen, Elfen und Zwerge und laden zu einem anderen Rollenspiel ein. Dies wird durch einen liebevoll gestalteten Hintergrund abgerundet, der gerade genug Details gibt, um die Phantasie anzuregen, ohne sich in Einzelheiten zu verlieren.

Nachdem ich in letzten Jahren von regellastigen Systemen eher Abstand genommen habe, war ich als Spielleitung überrascht, wie flüssig sich D&D5 leitet. Zwar gibt es immer noch ein paar heilige Kühe wie die Klassen und durch Stufenanstieg sprunghaften Entwicklungen. Auch sind die Klassen für meinen Geschmack manchmal zu eigene Subsysteme, aber da ich die Details vertrauensvoll meinen Mitspielenden überlassen kann, stört mich das am schmalen Ende des Spieltischs weniger. Und unterm Strich sind die Grundmechaniken simpel und schnell verstanden.

Ich habe mir sogar gleich die Modifikation erlaubt, dass ich als SL gar nicht würfle. Das habe ich durch Systeme von Numenera über Powered by the Apocalype bis Invisible Sun so zu schätzen gelernt, dass ich hier nicht darauf verzichten wollte. Es macht das Spiel schneller und gibt mir die Freiheit, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Erzählung. Außerdem mag ich es, dass die Spieler:innen dadurch immer ihr eigenes (Un-)Glück schmieden. D&D5 erlaubt solche Eingriffe. Nach drei Sitzungen werde ich definitiv dabei bleiben.

Meine Regelmodifikation

Ganz simpel: Die Spielleitung würfelt nie. Alles wird von den Spieler:innen gewürfelt. Bei D6D5 lässt es sich wie folgt umsetzen:

  • Ersetzt die Rüstungsklasse der Spielfiguren durch eine aktive Parade. Subtrahiert 10 von der Rüstungsklasse und addiert das Ergebnis zu einem W20-Wurf. Beispiel: Eine Spielfigur mit Rüstungsklasse 14 hat eine aktive Verteidigung von W20+4.
  • Von der Spielleitung geführte Figuren behalten ihre Rüstungsklasse.
  • Die Spielleitung würfelt keinen Angriff, sondern legt einen festen Zielwert fest, den Spielfiguren mit ihrer aktiven Verteidigung schlagen müssen. Dieser Zielwert ist 11 + Angriffsmodifikator. Beispiel: Eine Mapach-Räuberin in Humblewood trifft im Nahkampf mit +3. Der Zielwert ihres Angriffs ist damit 14. Eine angegriffene Spielfigur muss mit ihrer aktiven Verteidigung 14 oder höher würfeln, um dem gegnerischen Hieb zu entgehen.
  • Würde eine von der Spielleitung geführte Figur mit Vorteil angreifen, verteidigt sich stattdessen eine Spielfigur mit Nachteil und vice versa.
  • Die Spielleitung würfelt keinen Schaden aus, sondern nimmt die (ohnehin schon vorgeschlagenen) festen Schadenswerte.

Wer Numenera und/oder das Cypher System kennt, erkennt meine Inspiration. Im Grund mache ich hier nichts anderes als Schwierigkeiten zu definieren statt zu würfeln.

Zwischenfazit

D&D5 macht mir mehr Spaß als ich erwartet habe, nicht zuletzt dank des großartigen Settings von Humblewood. Es ist eben doch nicht bloß ein Spiel für Murderhobos. (So wie in Aventurien eben doch nicht jeder Meilenstein beschrieben ist.) Wird es sich als ein wichtiges System für mich durchsetzen? Nein, das denke ich nicht. Vermutlich wird es mich über diese Kampagne hinaus weniger bis gar nicht mehr begleiten. Die Alternativen in meinem Bücherregal sind dafür schlicht noch mehr für meinen bevorzugten Spielstil gemacht. Trotzdem ist es schön zu erleben, wie sich nach zwei Jahrzehnten eine fürchterliche Erinnerung in ein schönes Erlebnis wandelt. Ich habe definitiv meinen Frieden mit D&D gemacht.


1234Next ›Last »

Michael Masberg Portrait Autor Regisseur Blog Foto by Andrea Kiesendahl Fotografie
Michael Masberg
(er/ihn)
Patron der Fieberwelt. Salonlöwe. Phantast. Nachtgestalt. Optimist.

Buy me a coffeeBuy me a coffee

Das neue Buch aus der Fieberwelt.
Jetzt bestellen!

Drei neue Geschichten aus der Fieberwelt.
Jetzt bestellen!

Das erste Buch aus der Fieberwelt.
Jetzt bestellen!

Der aktuelle Roman.
Jetzt bestellen!

Zehn besondere Erzählungen.
Jetzt bestellen!

Neueste Beiträge
  • Von Halblingen und Mäusen
  • Rollenspiele und immersive Events
  • Im Netz der Datenspinne
  • D&D und ich: Eine Geschichte
Kategorien
  • Beat Salon
  • Bühne
  • Chapeau Club
  • Das Schwarze Auge
  • epikur hotel
  • Film
  • Gutes
  • Kaleidoskop
  • on stage
  • Reflexionen
  • Rollenspiel
  • Sam Greb
  • Splittermond
  • Theatergedanken
  • Wort
© Copyright 2023 | Michael Masberg | Alle Rechte vorbehalten
  • Impressum
  • Datenschutzerklärung