Dieser kleine Tipp für Rollenspieler hilft leider nicht bei misslungenen Übersetzungen von Büchern. Aber er kann dir nützlich sein, um selbst misslungene Übersetzungen zu erschaffen.

Immersion ist aktuell der heiße Trend in allen möglichen Bereichen, ob im Marketing, bei Events oder im Theater. Immersion meint hierbei (einfach verkürzt) das Eintauchen in eine künstliche Umgebung, die man selbst beeinflussen kann. Für uns Rollenspieler ist es eigentlich ein alter Hut, denn jede Spielsitzung ist interaktiv und immersiv. Aber natürlich gibt es immer die Möglichkeit, es noch weiter auf die Spitze zu treiben.

Der Anlass

Jüngst habe ich ein Abenteuer für Coriolis – Der dritte Horizont geschrieben und geleitet. Darin finden die Spielercharaktere Informationen in einem ausgestorbenen Dialekt. Eine Probe entscheidet, ob sie ihn und wie viel sie verstehen. Für Proben gibt es bei Coriolis üblicherweise nur drei Ergebnisse: Fehlschlag, eingeschränkter Erfolg und kritischer Erfolg. Als Spielleiter musste ich daher nicht viele Varianten vorbereiten: Die vollständige Übersetzung bei einem kritischen Erfolg, ein »Du verstehst es leider nicht« für den Fehlschlag und etwas dazwischen für den eingeschränkten Erfolg.

Ich muss zugeben, dass ich etwas spät dran war, das Abenteuer spielfertig zu bekommen, gleichzeitig wollte ich aber für die letzte Option (die tatsächlich eintrat) etwas vorbereitet haben, das sich wie eine ›richtige‹ falsche Übersetzung anfühlt. Die Lösung war so naheliegend wie einfach, dass ich mich seitdem Frage, warum ich das nicht schon seit Jahren mache: Google Translate.

Die Lösung

Nun ist das Übersetzungstool in den letzten Jahren sehr viel besser geworden. Kein Vergleich zu 2008, als ein katalanischer Bühnenbildner seine Mails an die Werkstätten des Theater Oberhausens von Google ins Deutsche übersetzen ließ und sich wunderte, warum ihn niemand verstand. Daher habe ich ein bisschen getrickst.

  • Zuerst habe ich das Original vom Deutschen in das Arabische übersetzt.
  • Anschließend habe ich den Text vom Arabischen in das Russische, vom Russischen in das Armenische, vom Armenischen ins Isländische und abschließend vom Isländischen in das Deutsche übersetzen lassen.
  • Das Ergebnis habe ich sprachlich poliert, ganz groben Nonsense verbessert und zusätzlich Wörter oder Halbsätze durch [FEHLER] / [NICHT ÜBERSETZBAR] ersetzt. Eigennamen aus der Spielwelt habe ich richtig korrigiert.

Natürlich kann man auch eine längere oder kürzere Kette von ganz anderen Sprachen nehmen. Die hier genannte Auswahl war eine spontane Entscheidung ohne Hintergedanken. Das Ergebnis war jedenfalls nah genug dran und weit genug entfernt, um als eher bescheidene Übersetzung durchzugehen. Die Spieler konnten die richtigen Schlüsse daraus ziehen, auch wenn ihnen manche Feinheiten entgangen sind.

Ein Beispiel

Ich möchte das an einem Beispiel demonstrieren. Da ich das Coriolis-Abenteuer noch mit anderen Runden leiten werde, nehme ich als Grundlage einen Quelltext aus einem unveröffentlichten (und unvollendeten) Abenteuer für Das Schwarze Auge. Hier das Original, sozusagen der ›korrekt übersetzte‹ Text.

Das Original:
Bei Väterchen Angrosch, wir haben den Himmel nach Anzeichen der Prdrakasch, der ewigen Feindes unseres Volkes abgesucht, wie wir es seit Jahrtausenden tun. Da fiel mir doch glatt der Humpen von Mutter Nauramas heißem Gewürzbräu aus der Hand, und ich riss die Armbrust hoch. Im fahlen Schein des Mondes, der dick und schwer in einem schwarzblauen Himmel hing, hatte sich ein schwarzer Schatten im Süden erhoben. Er kreiste dreimal. Sank, erhob sich wieder und zog erneut drei Runden. Zwei mal drei, also sechsmal kreiste er über unserem Gebirge. Sechsmal, hörst du?

So sieht der Text aus, nachdem er die oben genannte Übersetzungskette durchgangen ist:

Der Text nach der Übersetzungskette:
Zusammen mit Andrush haben wir, wie schon vor vielen Jahren, den Himmel nach Zeichen unseres ewigen Feindes Prakash untersucht. Dann trank ich plötzlich ein Glas heißes Wasser aus Umm Al-Nuru und du gingst hinunter. Im nördlichen schwarz-blauen Himmel befand sich der dicke, dicke, schwere Löwe des Mondes im Dunkeln. Er flog dreimal. Der Junge stand immer wieder auf und gab drei Frames. Er erhielt zweimal auf unseren vier Bergen. Hast du etwa sechsmal gehört?

Etwas mehr Sinn soll der Text schon haben, daher korrigiere ich die gröbsten Schnitzer:

Die bereinigte Übersetzung:
Zusammen mit Angrosch haben wir, wie schon seit vielen Jahren, den Himmel nach Zeichen unseres ewigen Feindes Prdrakasch abgesucht. Dann trank ich plötzlich ein Glas heißes Wasser von Muhme Naurama und es ging hinunter. Im nördlichen schwarz-blauen Himmel befand sich der dicke, schwere Löwe des Mondes im Dunkeln. Er flog dreimal. Der Schatten stand immer wieder auf und ging drei Runden. Er hielt zweimal auf unsere drei Berge zu. Hast du sechsmal gehört?

Diese Übersetzung enthält die wichtigen Informationen, und mit etwas Hintergrundwissen kann sie für die Spieler(charaktere) schlüssig sein, sie ist aber offensichtlich nicht gelungen. Mit wenigen Klicks ist ein mögliches Handout entstanden, das den Spielern sehr anschaulich vermittelt, was es bedeutet, wenn eine Probe nicht gut gelingt.

Bei anderen Systemen, die Erfolge mehrteiliger abstufen als Coriolis kannst du mit der bereinigten Übersetzung als Grundlage mühelos weitere Variationen schaffen. In die eine Richtung (schlechter gelungen), indem du einzelne Worte austauscht, weglässt oder Sätze umdrehst. Und in die andere Richtung (besser gelungen), indem du den Text schrittweise an das Original angleichst. Für das immersive Spielerlebnis genügt es aber völlig, wenn du neben der ›richtigen Übersetzung‹ ein bis maximal drei fehlerhafte Varianten parat hast. Am Ende gibst du ohnehin nur eine Variante heraus.

Wenn ich dir damit von Spielleiter zu Spielleiter ein nützliches Werkzeug für das nächste Abenteuer mit verschlüsselten Texte und antiken Botschaften in nahezu vergessenen Sprachen an die Hand geben konnte, freue ich mich.